Der Wunsch
Komm zur Quelle, die im Walde
Leise über Kiesel rauscht,
Wo die Rasenbank im Dickicht
Liegt versteckt und unbelauscht.
Komm und sinke in die Arme,
Die nach dir ich ausgestreckt,
Daß den Schleier ich dir löse,
Der dein Antlitz mir verdeckt!
Wirst auf meinen Knieen ruhen,
Wir sind Beide ganz allein,
Und der Linde Blüthenschauer
Wird dein duftig Haar beschnei’n.
Weiße Stirn in gold’nen Haaren,
Ruh’ dich aus an meiner Brust;
Lippen ihr, laßt meinem Munde
Süßen Raub nach Herzenslust!
Träumen wollen wir vom Glücke,
Wiegen wird mit ihrem Klang
Einsam murmelnd uns die Quelle
Und des Windes weicher Sang.
Und der Wald, der nachdenkliche,
Lullt uns ein durch seine Lieder –
Nur der Linde Blüthen fallen
Unaufhörlich auf uns nieder.
Autor: Mihai Eminescu (1850-1889), der größte Lyriker der Rumänischer Literatur.
Übersetzung: Mite Kremnitz (1852-1916)